Zarifa Ghafari, Afghanistan
Was umfasst Ihre tägliche Arbeit / Ihr Aktivismus konkret?
Zarifa Ghafari: Ich koordiniere und sensibilisiere die afghanischen Frauen innerhalb und ausserhalb des Landes durch die Arbeit der APAW-Organisation und versuche die afghanischen Frauen, Kinder und Minderheiten durch Berufsausbildungen und Grundschulbildung zu stärken. Durch mein tägliches Engagement arbeite ich daran, die Beziehungen zwischen den hilfsbedürftigen Afghan*innen, den Politiker*innen und den Menschen in der Welt zu stärken. Dies beispielsweise mit dem Dokumentarfilm (IN HER HAND) und dem Buch (A Woman’s Battle in A Man’s World) über mein Leben.
Was ist Ihr grösster (persönlicher, politischer oder gesellschaftlicher) Erfolg bis heute?
Zarifa Ghafari: Politisch war mein grösster Erfolg, dass ich als Frau mit 138 jungen Männern, Politikern und Extremisten eines patriarchalischen und kriegerischen Landes um das Amt des Bürgermeisters der Provinz Wardag konkurriert habe, und gewann. Ich musste neun Monate lang mit den Männern darum kämpfen, das Amt wirklich zu besetzen. Dieser Kampf hat die Frauen Afghanistan an ihre Fähigkeiten glauben lassen und die patriarchalen Männer dazu gebracht, mutige Frauen zu respektieren. Im Laufe meines Amtes haben die Taliban meinen Vater getötet. Doch ich habe nie aufgegeben und meinen Kampf fortgesetzt.
Was sind Ihre Zukunftspläne?
Zarifa Ghafari: Ich versuche, ein Gremium aus afghanischen Frauen und Menschenrechtsaktivist*innen ausserhalb Afghanistans zu gründen, die sich für die Rechte der afghanischen Frauen, Kinder und Minderheiten einsetzen. Dieses Gremium wird die politischen Mächte der Welt auffordern, den Dialog zwischen afghanischen Frauen und den Taliban zu erleichtern und das Recht auf Bildung, Arbeit und freie Meinungsäusserung mit friedlichen Mitteln durchzusetzen. Durch meine Reden und Vorträge versuche ich, die Geschichte der afghanischen Frauen in der Welt zu verbreiten und sie daran zu erinnern, dass das afghanische Volk keinen Krieg will. So sehe ich mich in Zukunft als Verbindungsglied zwischen der Welt und dem afghanischen Volk. Ich möchte, dass sich der bewaffnete Krieg in einen sozialen Kampf verwandelt, um das Vergiessen von menschlichem Blut und die Menschenrechtsverletzungen zu stoppen.
Was möchten Sie gesellschaftlich verändern und worüber machen Sie sich Sorgen?
Zarifa Ghafari: Ich möchte dazu beitragen, dass der Konkurrenzkampf der internationalen Mächte in Afghanistan beendet wird, der dazu führt, dass die Menschenrechte immer wieder verletzt werden. Zudem möchte ich mich zusammen mit Millionen anderer Afghan*innen für die Errichtung eines demokratischen Systems in Afghanistan einsetzen, in dem die Menschenrechte aller Afghan*innen geschützt werden. Ich möchte die Menschen in Afghanistan und in der ganzen Welt ermutigen, gemeinsam gegen bewaffnete Konflikte, geschlechtsspezifische Diskriminierung und Ungleichheit zu kämpfen, damit auf lange Sicht soziale Gerechtigkeit unter den Menschen in der ganzen Welt herrscht.
Meine grösste Sorge ist die finanzielle und militärische Unterstützung der Taliban als terroristische Gruppe durch die Geheimdienste und Länder, die den Terrorismus unterstützen, wie Pakistan, Russland und China. Leider verzögert und behindert dies unseren Kampf und schafft einen Boden für langfristige Menschenrechtsverletzungen in unserem Land.